(PC) Sniper Elite

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    • (PC) Sniper Elite

      Im Frühjahr 1945 ist es vollbracht: Hitlers 1.000jähriges Reich liegt nach gerade mal zwölf Jahren in Schutt und Asche. Doch während sich Amerikaner und Russen bereits darüber streiten, wer als eigentlicher Sieger aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgeht und was denn nun mit dem daniederliegenden Deutschen Reich nach der Stunde Null zu geschehen hat, kündigt sich bereits ein neuer Krieg an: der "Kalte Krieg", die Konfrontation zwischen West und Ost. Wir schreiben den April 1945. Der Krieg ist zwar für die Supermächte schon längst gewonnen, aber in der Reichshauptstadt Berlin wird immer noch gekämpft. Einige deutsche Truppenteile leisten weiterhin Widerstand. Aber aus US-amerikanischer Sicht sind die Deutschen das geringere Problem. Das andere heißt Stalin.



      Der kommunistische Diktator will nämlich noch auf dem letzten Drücker die geheimen Unterlagen der Nazis zur Atombombenforschung und V2-Technologie an sich bringen. Sehr zum Ärger der alliierten Bündnispartner, die das Atomwaffenmonopol lieber für sich behalten und kein Interesse daran haben können, dass die Sowjets ebenfalls in den Besitz von Nuklearwaffen gelangen. Denn dies würde die Verhandlungsbasis mit Stalin über die Aufteilung Deutschlands nach dessen Kapitulation deutlich erschweren, hätte darüber hinaus weitreichende politische Folgen für die Zukunft der globalen Machtverhältnisse und muss daher unbedingt verhindert werden. Also geht's weiter in den Kampf. Diesmal aber nicht gegen die Deutschen, sondern die Russen. Da Amis und Sowjets offiziell noch Verbündete sind, geschieht dies natürlich verdeckt. Was liegt also näher, als in eine Wehrmachtsuniform zu schlüpfen und im Auftrag des amerikanischen Geheimorganisation OSS (= Office of Strategic Services) zur Abwechslung mal Jagd auf Russen zu machen. Und zwar als Scharfschütze.



      Wie der Titel schon erahnen lässt, ist "Sniper Elite" kein üblicher WW2-Shooter, sondern eine Scharfschützen-Simulation, die sich rein spielerisch vergleichsweise anspruchsvoll gibt. Unser Alter-Ego hechtet nicht etwa wie ein Irrer durch die Gegend, um im Affenzahn alles zu plätten, was ihm vor die Flinte läuft. Vielmehr übernehmen wir quasi die Rolle eines Großwildjägers, der sich gegen Kriegsende durch die Ruinen des zerstörten Berlins und dessen Umfeld schleicht, die geheimen Atom-Unterlagen der Deutschen vor den Sowjets auffinden bzw. dingfest machen soll und auf dem Weg dorthin auf allerhand "Beute" (= Russen) trifft. Für gewöhnlich bekämpft er seine Gegner dabei aus weiterer Distanz. Nahkämpfe kommen zwar vor, sind aber - wenn man es geschickt anstellt - recht selten. Je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad (Anfänger, Scharfschütze, Meisterschütze, Heckenschützenelite) spielt sich "Sniper Elite" dabei mehr oder weniger realistisch. Ein gewisses Fingerspitzengefühl und die Bereitschaft zum Kriechen, Taktieren und (Ab-)Warten sollte man dabei schon mitbringen, selbst auf der niedrigsten Anforderungsstufe. Denn wer das relativ behutsame Spielprinzip ignoriert, reicht schnell den Löffel. Immerhin wimmelt es in Berlin von sowjetischen Truppen. Und auch die Russen verfügen über sehr gute Scharfschützen, die in Bombentrichtern, Häuserruinen und an Straßenecken auf uns lauern.



      Des Snipers wichtigste Waffe ist natürlich das Scharfschützengewehr. Davon stehen uns im Laufe des Spiels drei halbautomatische Ausführungen zur Verfügung. Das deutsche Scharfschützengewehr 43 sowie die sowjetische Tokarev SVT-40 und das ebenfalls russische Mosin-Nagant M91. In Sachen Feuerrate und Reichweite tun sich die drei Wummen nicht viel. Beim Schießen stellt man allerdings schon Unterschiede fest, denn die Gewehre haben jeweils unterschiedliche Anhalte-Punkte. Nach mehreren Probeschüssen hat man die aber raus. Wie es sich für eine echte Sniper-Simulation gehört, finden innere und äußere Einflussfaktoren wie Schwerkraft, Windstärke/Windrichtung, Haltung und Herzfrequenz Berücksichtigung. All diese Dinge werden mittels Anzeigen auf dem Monitor dargestellt und haben - ausgenommen vom niedrigsten Schwierigkeitsgrad, bei dem die Physik wenig bis gar keine große Rolle spielt - unmittelbare Auswirkungen auf die Treffersicherheit. Ebenso der Grad unserer Tarnung (unerkannt = ungestört) und die Herzschlagfrequenz. Per Tastendruck können wir den Atem anhalten. Das Scharfschützengewehr liegt dann ruhiger in der Hand und verwackelt nicht so stark.






      Wer will, kann vor Beginn der Kampagne an einer kurze Einführung teilnehmen, die allerdings nicht als Tutorial spielbar ist, sondern mehr den Charakter einer Lehrvorführung hat. Hier erfährt der angehende Sniper, was den Einsatz eines richtigen Scharfschützen ausmacht und worauf er zu achten hat. Der Singleplayerteil ist mit insgesamt 28 Missionen, die den Spieler gut zwölf bis fünfzehn Stunden beschäftigen, für einen WW2-Shooter relativ umfangreich. Und die Auftragsziele sorgen für Abwechslung. Wir schützen oder töten bestimmte Zielpersonen, kontakten Verbindungsleute, bergen Technologien, infiltrieren feindliche Stützpunkte oder jagen mit Sprengsätzen wichtige Versorgungsdepots in die Luft. Das klingt actionhaltiger als es in den meisten Fällen ist. Geschossen wird zwar reichlich, aber aufgrund des taktisch lastigen Gameplays eben nicht so ungezwungen, wie man das von anderen Shootern in der Machart eines "Call of Duty" kennt. Eine nicht unerhebliche Zeit des Spiels verbringen wir mit dem Schleichen und Beobachten. Ein Feldstecher, der am unteren Bildschirmrand eingeblendete Kompass und das abrufbare Kartenmaterialien, in denen alle (Teil-)Ziele eingezeichnet sind, helfen dabei, die Lage zu checken und die Orientierung zu behalten. Als etwas ärgerlich erweist sich in bestimmten Situationen die räumliche Begrenztheit. Dann wollen wir beispielsweise in eine Seitengasse nahe des Brandenburger Tors ausweichen, stoßen dabei aber auf unsichtbare Wände, die uns am Fortkommen hindern und damit ein uns gerade sinnvoll erscheinendes Umgehungsmanöver verhindern. Sowas schränkt den Handlungs- und Bewegungsspielraum natürlich ein.



      Ansonsten ist die spielerische Freiheit aber verhältnismäßig groß. Oft gibt es mehrere Möglichkeiten, ein Ziel zu erreichen. Panzerfahrzeuge lassen sich zum Beispiel auf unterschiedliche Weise ausschalten. Gleich in der ersten Mission erhält der Sniper den Auftrag, russische Panzer zu bekämpfen. Also pirschen wir uns seitlich an das Kettenmonstrum ran, platzieren einen Sprengsatz und verkrümeln uns dann schnell wieder. Mit Hilfe eines gezielten Schusses aus dem Scharfschützengewehrs lässt sich besagte Sprengladung aus sicherer Distanz zur Explosion bringen. Aber es geht noch viel eleganter, nämlich durch einen gekonnten Treffer auf die nach außen sichtbare Tankklappe des Panzers. Ein Schuss, ein lauter Knall, viel Feuer, schwarzer Rauch - und der T-34 ist reif für den Schrottplatz. Erstaunlich, was man als Sniper so alles anrichten kann. Und praktisch, denn anders als der gewöhnliche Infanterist brauchen wir keine schweren Panzerfäuste und Minen durch die Gegend keulen, sondern erfüllen denselben Effekt mit unserem (Scharfschützen-)Gewehr. Mit einzelnen Soldaten verhält es sich ebenso. So müssen wir den russischen Landser nicht unbedingt am Kopf oder am Oberkörper erwischen. Eine gezielter Schuss auf die an seinem Gürtel baumelnde Handgranate tut's auch und kommt besonders dann gut, wenn mehrere Soldaten dicht beieinander stehen. Am Ende eines jeden Einsatzes erscheint übrigens eine Missionsstatistik, in welcher Treffergenauigkeit, Trefferquote usw. festgehalten sind, und die uns darüber informiert, wie es um unsere Sniper-Künste bestellt ist.



      Neben dem obligatorischen Scharfschützengewehr schleppen wir meist noch andere Waffen mit uns rum: MPs, schwere Maschinengewehre, Handgranaten, Panzerfäuste oder eine (schallgedämpfte) Pistole sind ebenfalls mit im Gepäck. Diese Waffen nimmt der Sniper meist gefallenen Gegnern ab - oder er findet sie in kleineren Depots innerhalb der jeweiligen Levels. Dasselbe gilt für Munition und Medi-Packs. Den Sniper steuern wir aus der Verfolger-Ansicht. Lediglich beim Zielen und Schießen mit dem Scharfschützengewehr erfolgt der Wechsel in die Ego-Perspektive. Die 3rd-person-Ansicht ist in den Nahkämpfen etwas ungünstig, weil sich mit den Waffen dann nicht so präzise zielen lässt, wie dies in der Ich-Perspektive möglich wäre. Damit kommt der Spieler aber klar.



      Größter Schwachpunkt bei "Sniper Elite" ist die Grafik. Letztere war schon 2005, als der Titel auf den Markt kam, hoffnungslos überholt. Die ständigen Grautöne passen zwar irgendwie zum kargen Weltkriegs-Szenario, aber zumindest die Effekte (Explosionen) hätten etwas spektakulärer ausfallen dürfen und nicht so nach "puff-zisch" aussehen müssen. Gut gelungen sind hingegen der Sound, vor allem die Waffengeräusche (ein Schuss aus dem Scharfschützengewehr klingt wirklich so satt wie der aus der Waffe eines Großwildjägers) und die deutsche Synchronisation. Ebenso positiv anzumerken und für einen hierzulande veröffentlichten Shooter keinesfalls selbstverständlich: Es gibt Blut. Und die Sterbeanimationen (Soldaten winden sich bei Treffern jammernd auf dem Boden) sind manchmal fast schon beängstigend realistisch. Punkten kann "Sniper Elite" vor allem in Sachen Gameplay. Denn einen taktisch anspruchsvollen WW2-Shooter, der so viel Wert auf Waffenphysik und Zielgenauigkeit legt, bekommt man nicht alle Tage geboten. Wer möchte, kann sich als Sniper nach der umfangreichen Singleplayerkampagne noch am Mehrspieler-Teil versuchen. Dort erwarten ihn klassische Modi wie Deathmatch oder Team-Deathmatch. Bei "Attentat" treten zwei Teams gegeneinander an. Dabei muss Team A eine Zielperson ermorden und Team B eben jene Person beschützen.




      Pro:



      + taktisch anspruchsvoll



      + realistische Waffenphysik


      + relativ lange Spielzeit



      Contra:



      - maue Grafik



      - Level-Begrenzungen ("unsichtbare Wände")





      Grafik: 60 %



      Sound: 80 %



      Bedienung: 80 %



      Gameplay/Spielspaß: 90 %



      Gesamtwertung: 77 % ("gut", Note: 2)