Black Sails: Das Geisterschiff - Was geschah auf der Mary Celeste? - (PC-)User-Review

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    • Black Sails: Das Geisterschiff - Was geschah auf der Mary Celeste? - (PC-)User-Review

      Im Jahre 1872 wurde die Mary Celeste, eine Brigantine, führerlos treibend im Atlantik aufgefunden. In Black Sails: Das Geisterschiff gehen wir der Frage auf den Grund, was es mit dem geheimnisumwitterten Zweimaster auf sich hatte.

      Genre-Fans ist Deck 13 vor allem durch unterhaltsam-heitere Point & Click-Adventures wie Ankh: Herz des Osiris (2006) oder Jack Keane (2007) bekannt geworden. Mit Black Sails: Das Geisterschiff wagten sich die Spiele-Entwickler aus Frankfurt/Main vor zwölf Jahren erstmals an ein düsteres Rätsel-Abenteuer. Und an eines, das auf Tatsachen beruht. Denn die Mary Celeste gab es wirklich. 1872 wurde das zwei-mastige Segelschiff führerlos treibend und völlig verlassen im Atlantik aufgefunden. Bis heute ranken sich allerlei Mythen um das Geisterschiff. Sherlock Holmes-Schöpfer Sir Arthur Conan Doyle widmete der geheimnisvollen Brigantine einst sogar eine Geschichte. Black Sails ist ein weiterer Versuch, das Mysterium um die Mary Celeste mit fiktiven Begebenheiten auszuschmücken.

      Die reguläre Ladenversion von Black Sails: Das Geisterschiff kam bereits im April 2010 auf den Markt. Der vorliegende Lesertest bezieht sich auf die im September 2015 veröffentlichte Steam-Version. Mit ihr sind auch einige Bugfixes ins Spiel eingeflossen.

      Das Schiff, das aus dem Nebel kam

      Black Sails beginnt zeitversetzt, etwa zwölf Jahre nach dem tatsächlichen Auffinden der Mary Celeste. Am 4. Januar 1884 gerät ein großer Passagierdampfer auf dem Weg von New York nach Portugal in einen schweren Sturm und sinkt. Es gibt nur zwei Überlebende: Die junge Journalistin Anna und einen zwielichtigen Kerl namens Lex. Nachdem sich der Wellengang beruhigt hat, treiben die Schiffbrüchigen, die sich an ein Stück Holz klammern und damit über Wasser halten konnten, eine Weile vor sich hin. Ihre Kräfte schwinden, ebenso die Chancen, in den Weiten des Ozeans jemals entdeckt und gerettet zu werden. Doch stirbt die Hoffnung bekanntlich zuletzt. Und siehe da: Wie durch ein Wunder entsteigen den Nebeln in der Ferne die schemenhaften Umrisse eines Segelschiffs. Der Zweimaster macht kaum Fahrt und scheint Anna und Lex nicht zu bemerken. Die Beiden ergreifen deshalb sofort die Initiative und finden eine Möglichkeit, über eine Seite der Brigantine hoch und schließlich durch ein Fenster in die Kapitänskajüte zu gelangen. Geschafft! Jedenfalls bis hier.

      Die Erleichterung, den trostlosen Meeresgewässern entkommen zu sein, weicht schnell der Ernüchterung. Denn auf dem Schiff befindet sich keine Menschenseele. Von Kapitän und Besatzung keine Spur. Die meisten Türen sind versperrt oder verschlossen, die Quartiere verlassen und Einrichtungsgegenstände, Geräte und Instrumente teilweise beschädigt oder absolut hinüber. Außerdem erweist sich der ungalante und selbstbezogene Lex für Anna, deren Rolle wir fortan übernehmen, als keine besonders große Hilfe. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, wird unsere Heldin von schauerlichen Visionen heimgesucht und sieht sich zunehmend mit Ereignissen konfrontiert, die nicht weniger gespenstisch anmuten als der marode Kahn selber. Eines ist zumindest klar: Mit diesem Schiff stimmt was nicht. Es ist ein Geisterschiff! Doch: Wo genau befindet es sich? Wohin treibt es? Was ist aus der Mannschaft geworden? Und sind die mysteriösen Vorkommnisse an Bord Realität oder womöglich nur Einbildung? Diese und andere Fragen gilt es nach und nach zu beantworten, wenn wir das dunkle Geheimnis der Mary Celeste lüften wollen.

      Kurze Schiffsreise

      Black Sails ist vergleichsweise kurz. Viel mehr als vier Stunden werden die meisten Spieler kaum auf dem Geisterschiff verbringen. Die Rätsel sind sehr einfach. Man merkt, dass Deck 13 hier ein Produkt abliefern wollte, das sich vorrangig an eine größere Käuferschicht richtet, was freilich immer mit einschließt, dass die Aufgaben nicht allzu heikel ausfallen dürfen, weil man sonst Gefahr läuft, die breite Masse zu überfordern und damit aller Wahrscheinlichkeit nach verfehlt. Besagte Kürze hat allerdings auch Vorteile, vor allem für Anfänger bzw. Einsteiger, die mit Adventures noch nicht so erfahren sind: Man kommt schnell voran und es entfallen unnötige Längen oder härtere Kopfnüsse, die dem Spieler das Gehirn zermartern oder sein Weiterkommen vorzeitig ausbremsen. Der Nachteil besteht darin, dass sich insbesondere Adventure-Veteranen schnell unterfordert fühlen könnten. Hier einen Kompromiss zu finden, der allen Richtungen (Anfängern, Fortgeschrittenen, Profis) gerecht wird, ist im Bereich der (Ego-)Shooter relativ leicht, bei Adventures jedoch naturgemäß immer etwas schwieriger und ein ambitioniertes Vorhaben, mit dessen Umsetzung bereits in der Vergangenheit viele Entwickler ihre liebe Not und Mühe hatten.

      In Black Sails erwarten uns etliche Kombinations-Rätsel, d.h. wir verbinden mehrere Objekte miteinander, um einen neuen Gegenstand zu erhalten oder eine bestimmte Wirkung zu erzielen. So müssen wir beispielsweise eine Rute, ein Glockenseil und einen Haken zu einer Art Angel zusammen fügen, Schlafmittel in einen Topf auf dem Herd schütten, um Widersacher zu betäuben, oder eine leere Ölkanne mit Ethanol füllen, um den Inhalt anschließend einem Verfolger ins Gesicht sprühen zu können. Oft geht es auch nur darum, eingesammelte Gegenstände richtig anzuwenden (vorgezogene Tür mit einem Bootshaken öffnen, mit Rasiermesser einen Knoten aufschneiden o.ä.) oder gefundene Informationen zu verwerten (mehrere zusammengefügte Zettel ergeben einen Hinweis auf Ziffern, mit deren Hilfe sich ein Zahlenschloss knacken lässt). Zu einem späteren Zeitpunkt muss der Spieler anhand von Koordinaten die Schiffsroute bestimmen oder unter Zuhilfenahme eines Uhrwerks die Geschwindigkeit des Zweimasters ermitteln. Die Point & Click-Steuerung, mit der wir Anna in klassischer Third-Person-Manier durch die Spielwelt bewegen, geht leicht von der Hand. Mit der linken Maustaste lassen sich alle Aktionen durchführen und Gegenstände aufnehmen, auswählen sowie kombinieren. Das Inventar wird am oberen Bildschirmrand eingeblendet. Eine optionale Hinweis-Funktion (Hotspot-Anzeige) erteilt Auskunft darüber, welche Objekte wir näher betrachten bzw. mit welchen wir interagieren können. Per Mausklick lässt sich zudem ein Logbuch aufrufen, in dem sowohl die auszuführenden als auch die bereits erledigten Aufgaben aufgelistet sind.

      Präsentation

      Black Sails ist mehr Mystery- als Gruseladventure (beide Begriffe werden oft irrtümlicherweise synonym verwandt). Die Atmosphäre auf dem Geisterschiff ist düster, während der Traumsequenzen mitunter auch unheimlich, aber zu keinem Zeitpunkt wirklich furchteinflößend. Nicht einmal ein Gefühl von Klaustrophobie wollte sich bei mir einstellen. Allerdings wird die Geschichte anhand der von Anna entdeckten Notizen spannend genug erzählt, um am Ball zu bleiben bzw. den Spieler zu motivieren, das Geheimnis des Geisterschiffs zu lüften. Zumal im weiteren Verlauf noch weitere Akteure hinzutreten; darunter ein wenig vertrauenserweckender Arzt, ein Matrose und ein kleines Mädchen namens Fiona, das wir vorübergehend begleiten. Außerdem gibt es Blutspuren und sogar einen ziemlich qualvollen Tod. Bis zum Schluss kommt keine Langeweile auf. Apropos Schluss: Es gibt mehrere Enden. Welches man davon zu sehen bekommt, hängt davon ab, was für eine Entscheidung wir in den letzten Spielminuten treffen. Allerdings verändert sich der Ausgang der Geschichte dadurch nicht wesentlich. Dasselbe gilt für die Dialogoptionen, die Anna zur Verfügung hat, wenn sie sich mit Lex unterhält, und mit denen sie bei ihm unterschiedliche Reaktionen hervorrufen kann. Auch diese haben keinerlei Auswirkungen auf die weitere Handlung.

      Grafisch lag Black Sails bereits bei seiner Erstveröffentlichung vor über zehn Jahren nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Viele Texturen wirken besonders aus heutiger Sicht verwaschen und bestimmte Animationen - meist dann, wenn Anna mit Gegenständen interagiert – auffällig unecht. Rein äußerlich (= optisch) liegt das Produkt von Deck 13 deutlich unter Alter Ego, so der Titel eines anderen Mystery-Adventures, welches etwa zur selben Zeit erschien. Da es auf dem Geisterschiff ziemlich düster ist, fallen solche Defizite aber nicht allzu stark ins Gewicht. Bedacht werden sollte auch: Das Setting bringt es mit sich, dass Black Sails räumlich kaum Abwechslung bietet. Die komplette Spielzeit verbringen wir auf der Mary Celeste. Und das Innere so eines zwei-mastigen Seelenverkäufers ist nun mal nicht riesengroß. Kleine Zimmer und enge Gänge bestimmen das Bild, weshalb es dort gelegentlich auch zu Problemen mit der Übersichtlichkeit (Kameraperspektive) kommen kann. Einzelne Abschnitte wie die Kajüte des Kapitäns, die Messe, einen Lagerraum oder die Brücke müssen wir mehrmals besuchen, was auf Dauer etwas eintönig ist. Uneingeschränktes Lob verdient die deutsche Lokalisation. Hier wurden erstklassige Synchronsprecher/innen verpflichtet, die für meine Begriffe sogar noch besser klingen als ihre englischsprachigen Kollegen.

      Fazit

      Mit Black Sails ist den Entwicklern von Deck 13 ein allein schon aufgrund seines Settings und der Story interessantes Mystery-Abenteuer gelungen, das allerdings eher spannend unterhält als wirklich gruselt. Genre-Anfänger werden die unkomplizierten Rätsel und den dadurch bedingten zügigen Spielfluss zu schätzen wissen. Für Adventure-Veteranen hält der Titel hingegen wenig an Herausforderungen bereit. Kritisiert werden muss in jedem Fall die kurze Spielzeit von kaum mehr als vier Stunden. Auch grafisch ist Black Sails bestenfalls Durchschnitt. Diese beiden Punkte sind es dann vor allem auch, die eine höhere Wertung verhindern.

      PRO:
      - außergewöhnliches Setting (Geisterschiff)
      - spannende Story
      - für Genre-Neulinge gut spielbar (leichte Rätsel)
      - leichte Bedienbarkeit (alle Aktionen lassen sich mit linker Maustaste ausführen)
      - sehr gute (deutsche) Synchronstimmen


      CONTRA:
      - Rätsel für Adventure-Kenner zu wenig fordernd
      - nur durchschnittliche Grafik (inkl. teilweise unecht wirkende Animationen)
      - Grusel-Faktor gering
      - kurze Spielzeit