Tod und Spiele - Fußball in Italien

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    • Tod und Spiele - Fußball in Italien

      Der Italienische ist nach dem englischen der mMn schönste Fußball, ob Seria A oder serie B (Juve), die Stimmung ist immer super.
      In Italien wird Fußbal samt Bengalos und co noch gefeiert - noch.

      Leider wird Fußball in Italiens Stadien immer mehr zur Nebensache :(


      Ich hoffe, die vielen Probleme werden Ernst genommen, damit Fußball wieder Hauptsache wird.


      Viel zu lesen aber sehr interessant:

      Fußball in Italien
      Tod und Spiele
      Von Dirk Schümer, Venedig


      06. Februar 2007
      „Chiuso per lutto", wegen Trauer geschlossen - diese handgemalte Botschaft hängt derzeit an vielen italienischen Fußballstadien, in denen der Spielbetrieb für mindestens zwei Wochen ruht.
      Die Schilder beziehen sich auf den Tod des Polizisten Filippo Raciti, der am Freitagabend von Gewalttätern bei Krawallen rund um ein Fußballspiel in Catania umgebracht worden ist.


      Aber der Trauerfall gilt nicht nur dem Getöteten, er gilt dem italienischen Fußball im Allgemeinen. Ausgerechnet im Land des Weltmeisters droht der geliebte Sport, der im Sumpf von Korruption, Schwarzgeld und Wettbetrug steckt, nun auch noch im Elend des Hooliganismus zu versinken.



      Raciti starb am Schlag von einer Eisenstange

      Die brutalen Szenen aus Catania, bei denen hinter Straßensperren verschanzte Randalierer die Polizei mit Wurfgeschossen und Sprengkörpern attackierten, sprechen eine deutliche Sprache. Hemmungen gibt es da keine mehr; Beamte bekamen Feuerwerkskörper ins Gesicht geschossen, Felsbrocken wurden auf Autos geworfen, ein Polizist wurde vorsätzlich mit einem Motorrad überrollt. Der getötete Raciti starb vermutlich am brutalen Schlag mit einer Eisenstange hinterrücks auf Leber und Nieren.


      Doch sind Italiens Fans - in der Landessprache heißen sie bezeichnenderweise „Tifosi", Typhuskranke - tatsächlich brutaler als jugendliche Gewalttäter in deutschen, englischen oder polnischen Stadien? Wohl kaum, wenn man bedenkt, dass es in ganz Europa immer wieder zu mörderischen Schlägereien mit Fußball als Vorwand kommt. In Italien aber dominieren die gefährlichsten Ultras die wichtigsten Tribünen, von denen sie in anderen Ländern durch Polizei, Clubs und gesellschaftliche Isolation verdrängt wurden.



      Graue, steile Betonränge und gefährliche Zäune

      Die modernen WM-Arenen in Deutschland sind gesichert, überdacht und verkabelt, zum Tummelplatz von Unternehmern und mittelständischen Familien geworden. Dagegen bieten die großen Arenen von Mailand und Rom, zuletzt modernisiert zur Weltmeisterschaft 1990, ein trostloses Bild: graue, steile Betonränge, gefährliche Zäune, kaum technische Kontrollen durch Kameras oder moderne Einlasstore.


      In der Provinz, wo oft ein baufälliger Block als Spielstätte herhalten muss, sieht es noch ärger aus. Meist befinden sich die Stadien wie auch in Catania in direkter Nähe zu Wohngebieten, was den Krawallmachern beste Chancen bietet, bei Straßenkämpfen abzutauchen. Selbst Italiens Behörden wissen, dass internationale Stadien in Verona, Parma oder Palermo mit wackelndem Rohrgestänge und bebendem Beton den Sicherheitsstandards nicht genügen.



      Berlusconi ist die Symbolfigur der Malaise

      Eigentlich müssten elf von zwanzig Spielstätten der Serie A dichtbleiben, doch Ausnahmegenehmigungen verlängern den unhaltbaren Zustand immer weiter. Man hatte sich eben durchgewurstelt, während megalomane Clubpräsidenten lieber in brasilianische Stars als in eine ordentliche Vip-Lounge investierten.


      Überdeutlich ist, dass Italiens vermeintlich reicher Fußball nicht auf den Zug der marktwirtschaftlichen Modernisierung gesprungen ist, der aus der Branche andernorts eine profitable Unterhaltungsindustrie formte. Wieder einmal bietet sich Silvio Berlusconi als Symbolfigur der Malaise an: Der Mogul und frühere Ministerpräsident hat seine privaten Interessen als Vereinspräsident des AC Mailand und als Inhaber wichtiger Fernsehrechte am Fußball immer wieder mit seiner politischen Macht verquickt.



      Die Spiele mussten irgendwie weitergehen

      Brachte die aberwitzige Harakiriwirtschaft vieler eitler Vereinspräsidenten die Clubs an den Rand des kollektiven Bankrotts, genehmigte der Regierungschef dem Fußball - und damit sich selbst - noble Steuergeschenke: Die Spiele mussten irgendwie weitergehen, notfalls jenseits der Grenze zur Illegalität. Dabei war Berlusconi mit seinen Machenschaften nicht allein. In Parma und Rom landeten Fußballmäzene im Gefängnis, Traditionsclubs gingen unter dubiosen Financiers reihenweise bankrott, in Turin brachte das Management die traditionsreiche Juventus mit Doping und gekauften Schiedsrichtern dauerhaft an die Spitze.


      Ein derart schmieriges Milieu vergraulte das bürgerliche Publikum ebenso wie internationale Sponsoren. Die Zuschauerzahlen der Serie A, der einst besten und teuersten Liga der Welt, sanken drastisch und liegen derzeit unter deutschem Zweitliganiveau. Dafür übernahm auf den verwaisten Rängen oft genug der Mob das Kommando und rückt wöchentlich mit einem Arsenal an Feuerwerk und hetzerischen Spruchbändern an.




      In Mailand warfen die "Ultras", wie die Hooligans hierzulande genannt werden, ein Moped auf besetzte Ränge, in Rom musste ein Schiedsrichter nach einer Wurfattacke blutend das Feld verlassen, in Livorno feiert man tote italienische Soldaten mit fröhlichen Hetzchorälen.



      Wenn Drogenhändler im Stadion Geschäfte machen

      Prügel zwischen Fangruppen gibt es draußen vor der Stadiontür ohnehin fast immer. Die Neofaschisten, die die Hooliganszene in Rom dominieren, unterscheiden sich nicht im Gebaren, höchstens in den Farben von den rot vermummten, „linken" Livornesen. Der Verein Lazio Rom überlässt den mafiös organisierten Gewalttätern den Verkauf von Fanartikeln. Drogenhändler können auf den Stadiontribünen ungestört ihre Geschäfte machen, und Spieler wie der Römer De Canio können sich mit Duce-Gruß vor laufender Kamera mit dem Mob verbünden.


      Sogar nach dem grausamen Tod des Carabiniere am Samstag fällt dem kommunistischen Parlamentsabgeordneten Caruso, einer Ikone der italienischen Autonomen, statt Worten des Bedauerns nur ein, eine persönliche Kennzeichnung aller Polizisten zu fordern: "Damit wir wissen, wer uns niederknüppelt."



      „Die Fans fordern den Staat heraus“

      Der Tod von Filippo Raciti, dessen Totenmesse am Montag im Dom von Palermo ein Staatsakt war, war kein Zufall. Das beweisen auch Schmähschriften, die „Ultras" im ganzen Land an Stadien gesprüht haben. Hier wird Rache für getötete Demonstranten beschworen. „Die Fans fordern den Staat heraus", kommentierte die Turiner Zeitung „La Stampa".



      Doch kann der Staat dieser Kriegserklärung effektiv begegnen? Forderungen katholischer Bischöfe, der Fußball solle für eine ganze Saison ruhen und endlich zur Besinnung kommen, sind angesichts der Sponsoren und drängender Fernsehanstalten unrealistisch. Zudem ist der „Calcio" der Italiener liebster Freizeitspaß, den sie sich nicht nehmen lassen wollen.


      Schon äußerte sich Ligachef Antonio Matarrese, ein Exponent der alten Fußballhierarchie, mit der zynischen Einschätzung, beim Massengeschäft Fußball gebe es eben zuweilen Tote, nun solle aber schnell wieder gekickt werden: Tod und Spiele.



      Hooliganismus als Freizeitspaß mit Adrenalinwert

      In der Tat kann man sich schwer vorstellen, wie Rechtsstaat und Vereine in wenigen Tagen einen Sumpf trockenlegen können, den sie selbst über Jahre fleißig gewässert haben. Die Hooligans sind über das Internet und Handy-Kurznachrichten gut vernetzt und betreiben ihr blutiges Gewerbe, wenn schon nicht als Geschäft, dann als Freizeitspaß mit hohem Adrenalinwert.


      Oft stammen die Exponenten wie auch in anderen Ländern keineswegs aus verarmten Familien Arbeitsloser und Entwurzelter, sondern aus dem arrivierten Mittelstand. Auch nach den Krawallen von Catania befinden sich unter den Inhaftierten Kinder von Ärzten, ja sogar der Sohn eines Polizisten. Nur die armselige Knallkörper-Werkstatt wurde arbeitsteilig von drei illegalen Zuwanderern aus Senegal betrieben, unweit vom Absatzmarkt Stadion.



      Italien subventioniert ein brutales Volksvergnügen

      Diese gewaltbereite Großstadtszene wird man mit Appellen an die Vernunft nie erreichen. Wann und ob überhaupt Italien einmal friedliche Familienstadien haben wird, lässt sich noch gar nicht absehen. Die Kontrolle von Stadien und Anhang kostet Zeit und vor allem Geld für Technologie - Geld, das die klammen Clubs gar nicht haben. Am Ende muss hier wieder der Staat in die Bresche springen, wenngleich sich viele Italiener längst fragen, wieso sie mit ihren Steuergeldern immer wieder ein anrüchiges und brutales Volksvergnügen subventionieren.


      Wenn Innenminister Amato nach der Tragödie von Catania ankündigt, er werde keine Beamten mehr zum Fußball schicken, ist das eine pathetische Drohgebärde. Aus eigener Kraft ist der Calcio gar nicht mehr lebensfähig - ähnlich einem Süchtigen braucht er die logistische Hilfe des Staates, dazu die immer höheren Fernsehgelder für die Spielergehälter. Deshalb werden in einigen Wochen auch wieder die Carabinieri zum Schutz des Calcio anrücken - mit noch mehr Angst und Trauer als zuvor.

      FAZ-Mail, DI, 06.02.2007
      [SIZE=17][B]1. sein und WELTKLASSE erleben, mit [COLOR=black]DEUT[/COLOR][COLOR=red]SCHL[/COLOR][COLOR=gold]ANDs[/COLOR] schönstem Fernsehen[/SIZE]

      [SIZE=15][I]Was ich im inneren bin zählt nicht, nur dass was ich tue, zeigt wer ich bin![/I]



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